Blick auf die Hakenterrasse in Stettin

Metropolregion-Stettin-Monitor

Einer der wichtigsten Faktoren für eine engere Verflechtung der grenzüberschreitenden Metropolregion Stettin, ist wohl die Wahrnehmung und die Bedürfnisse ihrer Bevölkerung. Welchen Blick haben die Menschen, die in ihr leben, auf ihre Region? Stehen Sie dem grenzüberschreitenden Element der Region positiv gegenüber und existiert ein Bewusstsein für die daraus erwachsenden Möglichkeiten? Welche Hoffnungen und Wünsche haben sie für die weitere Entwicklung der Region? Antworten auf diese und weitere Fragen untersucht der „Metropolregion Stettin-Monitor“.

Der „Metropolregion-Stettin-Monitor“ ist eine repräsentative Bevölkerungsbefragung, die in der Metropolregion durchgeführt wird. Mithilfe des Monitors sollen belastbare Daten darüber gewonnen werden, wie die Bewohnerinnen und Bewohner der grenzüberschreitenden Metropolregion diese wahrnehmen und ihr Leben darin gestalten. Auf diese Weise können Potenziale und Bedarfe der Region besser ermittelt und eine Grundlage für Veränderungsprozesse geschaffen werden.

Die erste Befragung im Rahmen des „Metropolregion-Stettin-Monitors“ wurde im Zeitraum vom 24.08. bis zum 20.09.2022 mit einer Stichprobe von insgesamt 2000 Personen durchgeführt - je 1000 auf der deutschen und 1000 auf der polnischen Seite der Metropolregion. Als Befragungsmethode wurden computergestützte Telefoninterviews (CATI) angewendet. Für die Durchführung der Interviews auf der deutschen Seite der Metropolregion Stettin konzentrierte man sich auf das Gebiet der Landkreise Vorpommern-Greifswald und Uckermark. Auf der polnischen Seite fanden Personen aus den „powiaty“ (Landkreise) goleniowski, gryfiński, policki und stargardzki sowie den Städten Szczecin (Stettin) und Świnoujście (Swinemünde) Eingang in die Befragung. Innerhalb der Stichprobe wurde eine Verteilung der Befragten auf die einzelnen Gebiete ihrer Größe entsprechend angestrebt. Des Weiteren wurde auf eine repräsentative Verteilung der Befragten hinsichtlich Alter und Geschlecht geachtet.

Die einzelnen Fragen thematisierten die Kenntnisse der Befragten über die räumliche Abgrenzung der Region, ihre Nutzung der Angebote in der gesamten Metropolregion, ihre Wahrnehmung der jeweils anderen Seite der Grenze, ihre Wünsche und Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung der Region sowie das Empfinden einer regionalen Identität. Die Studie wurde gemeinsam mit der COBUS Marktforschung GmbH (Karlsruhe) durchgeführt, die bei der Fragebogenentwicklung, der Datenerhebung und Datenanalyse sowie der Berichterstellung beteiligt war. Der Metropolregion-Stettin-Monitor wurde im Rahmen des Interreg VA Projektes „Modell eines grenzübergreifenden Monitorings - innovative Maßnahmen der Datenerhebung in der Metropolregion Stettin“ (INT 179) durchgeführt.

Fragen und Erkenntnisse aus dem Metropolregion Stettin-Monitor:

  • Bekanntheit des Begriffs

    • 53% der deutschen und 55% der polnischen Befragten kennen den Begriff „Metropolregion Stettin“. In Deutschland kennt man ihn vor allem durch Printmedien, in Polen durch das Internet.
    • Die Befragten wurden nach ihren spontanen Assoziationen mit dem Begriff der Metropolregion Stettin gefragt. Auf beiden Seiten der Grenze assoziierte man damit vor allem die Stadt Stettin. Ein großer Teil der Befragten konnte sich unter diesem Begriff jedoch wenig vorstellen: 26% auf der polnischen Seite und 22% auf der deutschen Seite fiel spontan nichts zu dieser Begrifflichkeit ein.

    Assoziationen mit dem Begriff

    • Bei der Frage nach der Bedeutung des Begriffs „Metropolregion Stettin“ schien es den Befragten ebenfalls schwerzufallen, darauf eine Antwort zu geben. Ganze 38% der deutschen und 29% der polnischen Befragten konnten hierzu keine Vermutung äußern. Immerhin 29% der Befragten in Polen und 11% in Deutschland gaben jedoch „Ballungsraum bzw. Verflechtungsgebiet“ als mögliche Bedeutung an. Die Bedeutung „Zentrum, Mittelpunkt oder Metropole“ nannte knapp jeder Fünfte in Deutschland und jeder Zehnte in Polen.
    • Die meistgenannten bekannten Städte im Rahmen der Befragung waren Stettin, Świnoujście und Gryfino auf polnischer Seite sowie Greifswald, Schwedt und Pasewalk auf der deutschen Seite der Grenze.
  • Häufigkeit der Grenzüberquerung

    • Die Befragungsteilnehmenden wurden zunächst gefragt, wann sie die andere Seite der Grenze zuletzt besucht hätten. Dabei sollte auch überprüft werden, ob und wie viel die Einschränkungen im Grenzverkehr während der Corona-Pandemie einen Einfluss auf das grenzüberschreitende Leben in der Metropolregion hatten. Zwar erfolgten Besuche im Nachbarland in der Zeit vor Corona häufiger als das aktuell (noch) der Fall ist - ca. 40% der Befragten aus Deutschland besuchten vor Corona mindestens einmal im Monat die polnische Seite, ca. 30% der polnischen Befragten besuchte regelmäßig die deutsche Seite.  Aktuell liegen die Werte mit ca. 35% bzw. 23% beide etwas niedriger. Jeder zweite befragte Deutsche und jeder dritte befragte Pole war das letzte Mal mindestens einmal im Befragungsjahr 2022 im jeweiligen Nachbarteil der Region.
    • Eine interessante Auffälligkeit ist, dass gerade die jüngeren Befragten aus Deutschland (bis 29 Jahre) angaben, regelmäßig nach Polen zu fahren (43%).
    • Ganze 35% der polnischen und nur 14% der deutschen Befragten äußerten, noch nie die jeweils andere Seite der Grenze besucht zu haben.
    • Auf deutscher Seite werden von Polen aus insbesondere die Städte Schwedt (24%), Pasewalk (20%) und Löcknitz (17%) stärker frequentiert. Auf polnischer Seite werden von den befragten Deutschen vor allem Szczecin (Stettin, 52%) und Świnoujście (Swinemünde, 42%) aufgesucht.

    Verkehrsmittel für Grenzüberquerung

    • Die Besuche auf der anderen Seite der Grenze erfolgen meist mit dem Auto. Die Gründe dafür, vorrangig dieses Verkehrsmittelzu nutzen lagen in Deutschland insbesondere in der Flexibilität der Ankunfts- bzw. Abfahrtszeiten (52%), in Polen spielte die damit verbundene Bequemlichkeit und der Komfort (56%) die größte Rolle. Weitere wichtige Faktoren in beiden Ländern waren zudem die Fahrtdauer (38% bzw. 46%) und die Erreichbarkeit des Reiseorts (35% bzw. 28%).
  • Gründe für den Besuch der anderen Grenzseite

    • Die Hauptbesuchsgründe sind sowohl für die polnische als auch für die deutsche Seite Tagesausflüge (66% bzw. 48%) und die Nutzung von Einkaufsmöglichkeiten (63% bzw. 50%). Die Deutschen nehmen häufig auch gastronomische Angebote in Anspruch (44%), jedoch nur 9% der Polen.
    • Berufsbezogene Gründe, wie das Pendeln zum Arbeitsplatz oder Studienort, wurden in beiden Ländern nur selten als Besuchsgrund der anderen Landesseite der Metropolregion Stettin angegeben. In Polen wurden sie aber häufiger genannt als in Deutschland.
    • Über 99% der Befragten in Polen und ca. 75% der befragten Deutschen waren schon einmal in der Stadt Stettin. Ca. 15% der Deutschen besuchen die Stadt mindestens einmal im Monat (insbesondere jüngere Befragte bis 29 Jahre: 27%), ebenso wie 42% der Polen, die nicht selbst in Stettin leben. Sind für die deutschen Bewohnerinnen und Bewohner der Metropolregion Tagesausflüge, Urlaub und Einkaufen der primäre Besuchsgrund, so sind es bei den polnischen Befragten neben dem Erledigen von Einkäufen die Inanspruchnahme von medizinischer Versorgung bzw. Dienstleistungen. Dies gilt vor allem für ältere Personen.

    Gründe gegen einen bisherigen Besuch der anderen Grenzseite

    • Als Gründe, warum man die jeweils andere Seite noch nicht besucht hat, wurden in beiden Ländern vor allem mangelndes Interesse bzw. ein nicht vorhandenes Bedürfnis angegeben. Fehlende Möglichkeit und Zeitmangel spielten jedoch ebenfalls eine Rolle. Vorurteile gegenüber der anderen Bevölkerung sowie fehlende Sprachkenntnisse stellten kaum eine Barriere dar.
  • Wahrnehmung des „anderen“ Teils der Metropolregion:

    • Sowohl im polnischen als auch im deutschen Teil der Metropolregion Stettin wurden die Tourismusangebote von den Besuchern als gut eingeschätzt (85% bzw. 91%). Die deutschen Befragten beurteilten außerdem die gastronomischen Angebote sehr positiv (92%), die polnischen Befragten die Rettungsdienste und öffentliche Sicherheit (85%) sowie ehrenamtliche Tätigkeiten (83%).
    • Eher kritisch auf der polnischen Seite sahen deutsche Befragte die Themen Sprache und Verständigung, Kindertagesstätten und Schulbesuch sowie Gesundheitswesen. Die polnischen Befragten kritisierten die deutsche Seite ebenfalls im Bereich Sprache und Verständigung sowie im Bereich Dienstleistungen (Friseur, Kosmetik etc.).

    Wahrnehmung des „eigenen“ Teils der Metropolregion:

    • Die grundsätzliche Zufriedenheit mit dem Dienstleistungsangebot im eigenen Land liegt im deutschen Teil bei 58% und im polnischen bei 66%. Allerdings sind die jüngeren polnischen Befragten bis 29 Jahre demgegenüber etwas kritischer eingestellt, nur 59% von ihnen sind zufrieden.
    • In Deutschland wurde von den Befragten, die sich als unzufrieden äußerten, vor allem das geringe Angebot, die mangelnde Infrastruktur und die teuren Preise als Gründe hierfür angegeben. In Polen wurden die zu geringe Nutzung von Angeboten, die geringe Qualität und ebenfalls die hohen Preise der Dienstleistungsangebote bemängelt.

    Verbesserungsvorschläge

    • Die Befragten wurden daraufhin um eine Einschätzung gebeten, in welchen Bereichen im eigenen Landesteil der Metropolregion Stettin noch Verbesserungen nötig seien. Sowohl auf der polnischen als auch der deutschen Seite wurden mit 42% bzw. 47% zuerst die Verkehrsverbindungen als zu verbessernder Bereich genannt.
    • Des Weiteren wurde auch die medizinische Versorgung als ausbaufähig angesehen, insbesondere auf der polnischen Seite der Region, wo mit 52% mehr als die Hälfte der Befragten diesen Bereich für verbesserungswürdig hielten.
    • Die sprachliche Verständigung bzw. die Sprachkenntnisse wurden in Polen besser beurteilt als in Deutschland (v.a. die ältere Generation ist hier eher kritisch eingestellt). 48% bzw. 30% sehen auf diesem Gebiet keinen Verbesserungsbedarf.

    Bereitschaft zur Nutzung verschiedener Dienstleistungen:

    • Die deutschen Befragten zeigten sich tendenziell eher bereit, Dienstleistungen im Nachbarland zu nutzen als dies bei den polnischen Befragten der Fall war. Das größte Interesse äußerten die Deutschen an Gastronomieangeboten (75%), Einkaufsmöglichkeiten (72%) sowie Tourismusangeboten (67%) auf der polnischen Seite. Wenngleich die Nutzungsabsicht von Angeboten auf deutscher Seite bei den polnischen Befragten geringer ausgeprägt war, so konnten sich doch 55% vorstellen in Deutschland einkaufen zu gehen. Fast die Hälfte würde dort auch gastronomische Angebote nutzen oder Veranstaltungen besuchen.
    • Allerdings können sich ca. zwei Drittel der Befragten beider Länder nicht vorstellen im Nachbarland medizinische Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Bei den Pflegedienstleistungen liegt dieser Anteil bei den befragten Polen sogar noch höher (81%). Auch zum Friseur zu gehen, eine kosmetische Behandlung in Anspruch zu nehmen oder eine Reparatur durchführen zu lassen, könnten sich 81% der polnischen Befragten nicht vorstellen.
    • Generell zeigte sich jedoch, dass diejenigen, die den jeweils anderen Teil der Metropolregion Stettin schon einmal besucht hatten, der Nutzung von Dienstleistungen auf der Nachbarseite tendenziell offener gegenüberstanden als diejenigen, welche die andere Seite der Grenze bisher noch nicht besucht hatten.
  • Attraktivität der Region

    • Die Befragten in Polen und Deutschland halten die Metropolregion Stettin in einem ähnlich hohen Maß (56% bzw. 57%) für einen attraktiven Ort zum Leben und Arbeiten. Vor allem die ältere Generation (60+) äußerte sich dahingehend.
    • Die Mehrheit der Befragten sieht ihre Zukunft überwiegend im eigenen Land (95% der Deutschen, 84% der Polen). Ca. 18% der befragten Polen unter 30 Jahre können sich ihre persönliche Zukunft jedoch eher in Deutschland vorstellen.

    Erwartungen und Wünsche an die weitere Entwicklung der Region

    • Erwartungen und Wünsche zur Entwicklung der Metropolregion bezogen sich insbesondere auf das Thema Mobilität. 35% der polnischen und 25% der deutschen Befragten gaben an, sich einen Ausbau der Infrastruktur und eine Verbesserung der Verkehrsverbindungen zu wünschen. Auch die wirtschaftliche Entwicklung der Metropolregion scheint für ihre Bewohnerinnen und Bewohner eine große Rolle zu spielen: 22% der deutschen und immerhin 12% der polnischen Befragten formulierten den Wunsch nach einem stärkeren wirtschaftlichen Wachstum der Region, 17% bzw. 12% wünschen sich mehr Arbeitsplätze vor Ort. Das Interesse an mehr politischem Zusammenhalt der deutschen Befragten (20%), teilten die polnischen Befragten jedoch wenig (nur 6%).
    • 45% der deutschen und 49% der polnischen Befragten konnten keine konkreten Erwartungen in Bezug auf die weitere Entwicklung der Metropolregion Stettin formulieren. Der Anteil dieser „Enthaltungen“ war auf beiden Seiten der Grenzen unter den Befragten über 60 besonders hoch. Die Befragten, die Vorschläge für Gebiete machten, auf denen aus ihrer Sicht Entwicklung wünschenswert sei, waren sowohl in Polen als auch in Deutschland eher Personen mit höherem Bildungsabschluss.
  • Vor- und Nachteile des Lebens in einer Grenzregion

    • Am Leben in einer Grenzregion schätzen die befragten Deutschen vor allem die günstigen Einkaufsmöglichkeiten (28%), aber auch die multikulturelle Gesellschaft wird mit 22% als wichtig erachtet. Jeder Zehnte schätzt besonders die Nähe zum Nachbarland und die offene Grenze. Dieser Punkt scheint für die Polen der wichtigste zu sein: 39% bezeichneten dies als ausdrücklichen Vorteil der Grenzregion. Auch in Polen liegt vielen an einer multikulturellen Gesellschaft, 16% äußerten sich dahingehend.
    • Nachteile eines Lebens in der Grenzregion wurden deutlich weniger genannt. Der größte Nachteil aus deutscher Sicht ist mit 16% die Kriminalität, ein Aspekt, der in Polen von kaum einem Befragten genannt wurde (1%). Bei den polnischen Befragten wurden insbesondere die mangelnde Infrastruktur (8%) und die teuren Lebenshaltungskosten (6%) als Nachteile formuliert.

    Identifikation mit der Metropolregion Stettin

    • 68% der Befragten auf der polnischen und 56% auf der deutschen Seite stimmten der Aussage zu, sich als Bürger der Metropolregion Stettin, also als ihr Bewohner über Orts- und Ländergrenzen hinaus, zu fühlen.
    • In beiden Ländern waren es vor allem Befragte über 45 Jahren, die sich selbst als mit der Region verbunden bezeichneten.
    • Auf die Frage, wie man dieses Identifikationsgefühl mit der Region stärken könnte, gaben die Befragten an, sich insbesondere einen Ausbau der Infrastruktur zu wünschen (10% auf polnischer Seite, 6% auf deutscher). In Deutschland äußerte man außerdem den Wunsch nach mehr grenzüberschreitender Zusammenarbeit (6%). In Polen wurden dagegen ein breiteres Informationsangebot über die Region (9%) sowie bessere Zukunftsperspektiven (6%) genannt.
  • Die Region „auf den Schirm bekommen“

    • In Deutschland kennt man den Begriff der Metropolregion Stettin vor allem durch Printmedien, in Polen durch das Internet. Da sich in beiden Ländern viele Befragte gleichzeitig ein breiteres Informationsangebot über die Region wünschen, könnte diese Erkenntnis dazu verwendet werden, die Metropolregion über die in den jeweiligen Ländern hauptsächlich genutzten Informationskanäle entsprechend präsenter zu halten und weiter zu vermarkten.
    • Die Befragung zeigte, dass der Begriff der Metropolregion Stettin eher bei Menschen mit höherem Bildungsabschluss bekannt ist. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass sich dieser Personenkreis bereits intensiver mit der Thematik „Metropolregion Stettin“ auseinandergesetzt hat. Es wäre interessant zu erfahren, worauf dieser Umstand zurückgeht (z.B. Konsum bestimmter Medien). Anknüpfend an diese Erkenntnisse könnte man dann beginnen, den Begriff und das Konzept der Metropolregion Stettin breiter zu streuen und so auch andere Zielgruppen zu erreichen. Denn grenzüberschreitende Entwicklungen sollten alle Bevölkerungsschichten umfassen, wenn sie nachhaltig sein und funktionieren sollen.

    Meine Region, unsere Region?

    • Obwohl der Begriff der Metropolregion Stettin noch nicht weiträumig bekannt ist, existiert unter den Befragten offenbar dennoch eine Identifikation mit ihrer Region. So geben 68% der polnischen Befragten an, sich als „Bürger der Metropolregion Stettin“ zu fühlen. In Deutschland bestätigten das 56%. Das stärkere Zugehörigkeitsgefühl der polnischen Bevölkerung könnte daran liegen, dass der Mittelpunkt und die Namensgeberin der Region – Stettin – eine polnische Stadt ist. Dennoch erscheint der Wert für die Identifikation auf deutscher Seite sehr hoch, gemessen daran, dass viele mit dem Begriff Metropolregion Stettin zunächst nichts anfangen konnten. Was der Grund hierfür ist, wäre interessant nachzuprüfen.
    • Die Identifikation mit der Region zeigte sich in beiden Ländern bei den Befragten unter 45 Jahren als deutlich niedriger als bei den älteren Befragten. Dies geht mit dem Umstand einher, dass vor allem die älteren Befragten die Region als einen attraktiven Ort beschrieben.

    Noch gibt es Hemmnisse…

    • Auch wenn die Region mehr und mehr zusammenwächst, gibt es immer noch relevante Unterschiede zwischen der deutschen und der polnischen Seite, welche die gemeinsame Entwicklung hemmen, z.B. Lohnunterschiede. Die relativ geringe Bereitschaft der polnischen Befragten, Dienstleistungsangebote im deutschen Teil der Metropolregion Stettin wahrzunehmen, könnte etwa darauf zurückzuführen sein, dass die Angebote auf der deutschen Seite tendenziell teurer und die Löhne auf der polnischen Seite eher niedriger sind. Das könnte darauf schließen lassen, dass eine geringe Bereitschaft der Nutzung von Angeboten weniger eine Frage von Wollen als von Können darstellt. Generell zeigte sich jedoch, dass diejenigen, die den jeweils anderen Teil der Metropolregion Stettin schon einmal besucht hatten, der Nutzung von Dienstleistungen auf der Nachbarseite tendenziell offener gegenüberstanden als diejenigen, welche die andere Seite der Grenze bisher noch nicht besucht hatten.
    • Interessant war, dass ganze 35% der polnischen und nur 14% der deutschen Befragten äußerten, noch die jeweils andere Seite der Grenze besucht zu haben. Auch hier besteht die mögliche Erklärung darin, dass die polnische Großstadt Stettin mehr Besucher anzieht als die eher ländlich geprägte deutsche Seite der Metropolregion und sich daher mehr Menschen aus Deutschland auf den Weg nach Polen machen als umgekehrt. Dies könnte auch der Grund dafür sein, dass die deutschen Befragten im Durchschnitt eine höhere Besuchsfrequenz der polnischen Seite als die polnischen Befragten für die deutsche Seite angaben.
    • Die Zufriedenheit mit den Bedingungen im Herkunftsland scheint bei den unter 30-Jährigen im polnischen Teil der Metropolregion schlechter zu sein als bei den Gleichaltrigen auf der deutschen Seite. Nicht wenige können sich ein späteres Leben in Deutschland vorstellen. Auch für dieses Befragungsergebnis könnte das Lohngefälle zwischen Deutschland und Polen ein Grund sein.
    • Teile der Bevölkerung der grenzüberschreitenden Metropolregion Stettin waren noch nie im anderen Teil der Region. Vorurteile gegenüber der anderen Bevölkerung sowie fehlende Sprachkenntnisse wurden nicht als Hinderungsgründe angegeben, entgegen der Antwortergebnisse auf andere Fragen, die ein gewisses Fremdeln immer noch vermuten lassen. Vielmehr scheint es eine Gruppe von Personen in der Region zu geben, die einem engeren Austausch von deutscher und polnischer Seite weder positiv oder negativ gegenübersteht, sondern schlicht kein Interesse daran hat, sich mit dem anderen Teil der Region auseinander zu setzen. Dies könnte mit immer noch bestehenden mentalen Barrieren zusammenhängen („bis zur Grenze denken“) oder einfach bedeuten, dass die andere Seite der Grenze für die Lebensrealität dieser Menschen schlicht keine Rolle spielt (u.U. auch deswegen, weil beide Landesteile dann eben doch noch nicht so eng miteinander vernetzt sind).
    • Im Rahmen der Befragung wurden viele positive Aspekte über das Leben im Grenzraum geäußert und ein deutliches Interesse am jeweils anderen Teil der Metropolregion signalisiert. Trotz eines wachsenden Austauschs und eines regen Grenzverkehrs scheinen gewisse Negativannahmen fest verankert. Ein vergleichsweise hoher Prozentsatz der deutschen Befragten gab an, ein Nachteil der Grenzregion sei eine erhöhte Kriminalität. Es ist fraglich, ob dies den Tatsachen entspricht oder eher eine Wahrnehmungsfrage und damit als Vorurteil zu betrachten ist.

     

    …aber auch zahlreiche Chancen!

    • Eine interessante Auffälligkeit ist, dass gerade die jüngeren Befragten aus Deutschland (bis 29 Jahre) angaben, regelmäßig nach Polen zu fahren (43%). Eine mögliche Erklärung ist die Strahlkraft der Metropole Stettin, die den jüngeren Menschen mehr Angebot bietet als das Umland auf deutscher Seite.
    • Die sprachliche Verständigung bzw. die Sprachkenntnisse wurden in Polen besser beurteilt als in Deutschland. Vermuteter Grund hierfür ist schlicht, dass Polinnen und Polen deutlich häufiger Deutsch lernen als Deutsche Polnisch lernen. Somit sehen sie weniger Verständigungsprobleme bei einem Besuch auf der anderen Seite der Grenze.
    • Unter den jungen Menschen in der Metropolregion ist der Wunsch nach einem stärkeren Fortschreiten der Entwicklung der Region groß. Dies würde für bessere Zukunftsperspektiven sorgen und sich damit positiv auf die Wahrnehmung der Attraktivität der Region in der jüngeren Generation auswirken. Doch auch für die anderen Altersgruppen würden Faktoren wie stärkeres wirtschaftliches Wachstum oder mehr Arbeitsplätze vor Ort ihre positive Wahrnehmung der Region begünstigen. Den Menschen, die sich in ihrer Region eigentlich wohlfühlen, würden diese Entwicklungen es erleichtern, dort auch bleiben zu können und nicht etwa aus beruflichen Gründen umziehen zu müssen.
    • Besonderes Gewicht bei der Entwicklung der Region erhalten aus Sicht ihrer Bewohnerinnen und Bewohner der Ausbau der Infrastruktur und bessere Verkehrsverbindungen. Diese würden mehr Mobilität (nicht nur) für die jüngere Generation gewährleisten und damit nicht zuletzt auch das Zusammenwachsen und den Zusammenhalt in der Region fördern. Denn wo mehr Möglichkeit zur physischen Begegnung, da mehr Austausch und im Resultat auch mehr gegenseitiges Verständnis.
    • Bei der Frage nach der Verkehrsmittelnutzung in der Metropolregion Stettin zeigte sich, dass sich das Auto als Fortbewegungsmittel weiterhin auf dem ersten Platz befindet. Gleichzeitig gibt es durchaus den Wunsch nach grenzüberschreitendem ÖPNV, dieser (wenn existent) lässt aber offenbar in Hinsicht auf Flexibilität, Komfort, Fahrtdauer und Erreichbarkeit verschiedener Ziele so sehr zu wünschen übrig, dass die meisten Bewohner sich am Ende doch für den eigenen PKW entscheiden. Der Verkehrsbereich und besonders die Entwicklung von gutem grenzüberschreitendem ÖPNV sollte demnach eine Hauptrolle bei der weiteren Entwicklung der Region spielen
    • Die Jüngeren sind diejenigen, die tendenziell unzufriedener mit ihrer Region sind, sie sind es aber auch, von denen die zukünftige Entwicklung der gesamten Metropolregion maßgeblich abhängt. Bei Überlegungen zur weiteren Gestaltung der Region sollten demnach besonders ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden, u.a. mehr Möglichkeiten zur Mobilität und bessere Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt.