Die Region „auf den Schirm bekommen“
- In Deutschland kennt man den Begriff der Metropolregion Stettin vor allem durch Printmedien, in Polen durch das Internet. Da sich in beiden Ländern viele Befragte gleichzeitig ein breiteres Informationsangebot über die Region wünschen, könnte diese Erkenntnis dazu verwendet werden, die Metropolregion über die in den jeweiligen Ländern hauptsächlich genutzten Informationskanäle entsprechend präsenter zu halten und weiter zu vermarkten.
- Die Befragung zeigte, dass der Begriff der Metropolregion Stettin eher bei Menschen mit höherem Bildungsabschluss bekannt ist. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass sich dieser Personenkreis bereits intensiver mit der Thematik „Metropolregion Stettin“ auseinandergesetzt hat. Es wäre interessant zu erfahren, worauf dieser Umstand zurückgeht (z.B. Konsum bestimmter Medien). Anknüpfend an diese Erkenntnisse könnte man dann beginnen, den Begriff und das Konzept der Metropolregion Stettin breiter zu streuen und so auch andere Zielgruppen zu erreichen. Denn grenzüberschreitende Entwicklungen sollten alle Bevölkerungsschichten umfassen, wenn sie nachhaltig sein und funktionieren sollen.
Meine Region, unsere Region?
- Obwohl der Begriff der Metropolregion Stettin noch nicht weiträumig bekannt ist, existiert unter den Befragten offenbar dennoch eine Identifikation mit ihrer Region. So geben 68% der polnischen Befragten an, sich als „Bürger der Metropolregion Stettin“ zu fühlen. In Deutschland bestätigten das 56%. Das stärkere Zugehörigkeitsgefühl der polnischen Bevölkerung könnte daran liegen, dass der Mittelpunkt und die Namensgeberin der Region – Stettin – eine polnische Stadt ist. Dennoch erscheint der Wert für die Identifikation auf deutscher Seite sehr hoch, gemessen daran, dass viele mit dem Begriff Metropolregion Stettin zunächst nichts anfangen konnten. Was der Grund hierfür ist, wäre interessant nachzuprüfen.
- Die Identifikation mit der Region zeigte sich in beiden Ländern bei den Befragten unter 45 Jahren als deutlich niedriger als bei den älteren Befragten. Dies geht mit dem Umstand einher, dass vor allem die älteren Befragten die Region als einen attraktiven Ort beschrieben.
Noch gibt es Hemmnisse…
- Auch wenn die Region mehr und mehr zusammenwächst, gibt es immer noch relevante Unterschiede zwischen der deutschen und der polnischen Seite, welche die gemeinsame Entwicklung hemmen, z.B. Lohnunterschiede. Die relativ geringe Bereitschaft der polnischen Befragten, Dienstleistungsangebote im deutschen Teil der Metropolregion Stettin wahrzunehmen, könnte etwa darauf zurückzuführen sein, dass die Angebote auf der deutschen Seite tendenziell teurer und die Löhne auf der polnischen Seite eher niedriger sind. Das könnte darauf schließen lassen, dass eine geringe Bereitschaft der Nutzung von Angeboten weniger eine Frage von Wollen als von Können darstellt. Generell zeigte sich jedoch, dass diejenigen, die den jeweils anderen Teil der Metropolregion Stettin schon einmal besucht hatten, der Nutzung von Dienstleistungen auf der Nachbarseite tendenziell offener gegenüberstanden als diejenigen, welche die andere Seite der Grenze bisher noch nicht besucht hatten.
- Interessant war, dass ganze 35% der polnischen und nur 14% der deutschen Befragten äußerten, noch die jeweils andere Seite der Grenze besucht zu haben. Auch hier besteht die mögliche Erklärung darin, dass die polnische Großstadt Stettin mehr Besucher anzieht als die eher ländlich geprägte deutsche Seite der Metropolregion und sich daher mehr Menschen aus Deutschland auf den Weg nach Polen machen als umgekehrt. Dies könnte auch der Grund dafür sein, dass die deutschen Befragten im Durchschnitt eine höhere Besuchsfrequenz der polnischen Seite als die polnischen Befragten für die deutsche Seite angaben.
- Die Zufriedenheit mit den Bedingungen im Herkunftsland scheint bei den unter 30-Jährigen im polnischen Teil der Metropolregion schlechter zu sein als bei den Gleichaltrigen auf der deutschen Seite. Nicht wenige können sich ein späteres Leben in Deutschland vorstellen. Auch für dieses Befragungsergebnis könnte das Lohngefälle zwischen Deutschland und Polen ein Grund sein.
- Teile der Bevölkerung der grenzüberschreitenden Metropolregion Stettin waren noch nie im anderen Teil der Region. Vorurteile gegenüber der anderen Bevölkerung sowie fehlende Sprachkenntnisse wurden nicht als Hinderungsgründe angegeben, entgegen der Antwortergebnisse auf andere Fragen, die ein gewisses Fremdeln immer noch vermuten lassen. Vielmehr scheint es eine Gruppe von Personen in der Region zu geben, die einem engeren Austausch von deutscher und polnischer Seite weder positiv oder negativ gegenübersteht, sondern schlicht kein Interesse daran hat, sich mit dem anderen Teil der Region auseinander zu setzen. Dies könnte mit immer noch bestehenden mentalen Barrieren zusammenhängen („bis zur Grenze denken“) oder einfach bedeuten, dass die andere Seite der Grenze für die Lebensrealität dieser Menschen schlicht keine Rolle spielt (u.U. auch deswegen, weil beide Landesteile dann eben doch noch nicht so eng miteinander vernetzt sind).
- Im Rahmen der Befragung wurden viele positive Aspekte über das Leben im Grenzraum geäußert und ein deutliches Interesse am jeweils anderen Teil der Metropolregion signalisiert. Trotz eines wachsenden Austauschs und eines regen Grenzverkehrs scheinen gewisse Negativannahmen fest verankert. Ein vergleichsweise hoher Prozentsatz der deutschen Befragten gab an, ein Nachteil der Grenzregion sei eine erhöhte Kriminalität. Es ist fraglich, ob dies den Tatsachen entspricht oder eher eine Wahrnehmungsfrage und damit als Vorurteil zu betrachten ist.
…aber auch zahlreiche Chancen!
- Eine interessante Auffälligkeit ist, dass gerade die jüngeren Befragten aus Deutschland (bis 29 Jahre) angaben, regelmäßig nach Polen zu fahren (43%). Eine mögliche Erklärung ist die Strahlkraft der Metropole Stettin, die den jüngeren Menschen mehr Angebot bietet als das Umland auf deutscher Seite.
- Die sprachliche Verständigung bzw. die Sprachkenntnisse wurden in Polen besser beurteilt als in Deutschland. Vermuteter Grund hierfür ist schlicht, dass Polinnen und Polen deutlich häufiger Deutsch lernen als Deutsche Polnisch lernen. Somit sehen sie weniger Verständigungsprobleme bei einem Besuch auf der anderen Seite der Grenze.
- Unter den jungen Menschen in der Metropolregion ist der Wunsch nach einem stärkeren Fortschreiten der Entwicklung der Region groß. Dies würde für bessere Zukunftsperspektiven sorgen und sich damit positiv auf die Wahrnehmung der Attraktivität der Region in der jüngeren Generation auswirken. Doch auch für die anderen Altersgruppen würden Faktoren wie stärkeres wirtschaftliches Wachstum oder mehr Arbeitsplätze vor Ort ihre positive Wahrnehmung der Region begünstigen. Den Menschen, die sich in ihrer Region eigentlich wohlfühlen, würden diese Entwicklungen es erleichtern, dort auch bleiben zu können und nicht etwa aus beruflichen Gründen umziehen zu müssen.
- Besonderes Gewicht bei der Entwicklung der Region erhalten aus Sicht ihrer Bewohnerinnen und Bewohner der Ausbau der Infrastruktur und bessere Verkehrsverbindungen. Diese würden mehr Mobilität (nicht nur) für die jüngere Generation gewährleisten und damit nicht zuletzt auch das Zusammenwachsen und den Zusammenhalt in der Region fördern. Denn wo mehr Möglichkeit zur physischen Begegnung, da mehr Austausch und im Resultat auch mehr gegenseitiges Verständnis.
- Bei der Frage nach der Verkehrsmittelnutzung in der Metropolregion Stettin zeigte sich, dass sich das Auto als Fortbewegungsmittel weiterhin auf dem ersten Platz befindet. Gleichzeitig gibt es durchaus den Wunsch nach grenzüberschreitendem ÖPNV, dieser (wenn existent) lässt aber offenbar in Hinsicht auf Flexibilität, Komfort, Fahrtdauer und Erreichbarkeit verschiedener Ziele so sehr zu wünschen übrig, dass die meisten Bewohner sich am Ende doch für den eigenen PKW entscheiden. Der Verkehrsbereich und besonders die Entwicklung von gutem grenzüberschreitendem ÖPNV sollte demnach eine Hauptrolle bei der weiteren Entwicklung der Region spielen
- Die Jüngeren sind diejenigen, die tendenziell unzufriedener mit ihrer Region sind, sie sind es aber auch, von denen die zukünftige Entwicklung der gesamten Metropolregion maßgeblich abhängt. Bei Überlegungen zur weiteren Gestaltung der Region sollten demnach besonders ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden, u.a. mehr Möglichkeiten zur Mobilität und bessere Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt.